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Autor Thema: Minus 178 Meter  (Gelesen 5662 mal)

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Offline Nessie

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Minus 178 Meter
« am: 17. Mai 2016, 00:17:49 »
Die Katzenfische, die mich kennen werden ahnen, dass dieser Beitrag nicht vom einem neuen Rekordversuch im Freitauchen handeln wird.
Dieser Bericht von der Dunklen Seite handelt von unserer letzten Mission in der Riesenhhle Kačna jama (Schlangenschlund) in Slowenien.
Vor einem knappen halben Jahr begannen die Vorbereitungen mit einem Missverstndnis.
Ich hatte ein wenig ber Hhlen in Slowenien recherchiert. Dabei tauchte auch recht schnell der Name Kačna jama auf. Jedoch Berichte wie z. B. dieser mit dem Titel:"13 Stunden Angst" /1/ 
Sagten mir: Das ist eine Sache, die bersteigt klar unseren Horizont.
Peter sah die Slowenienliste und den Namen Kačna jama und war sofort Feuer und Flamme. So war das nicht gewollt. Aber das Projekt war geboren.

Die Herausforderung beim Schlangenschlund ist der Einstieg bzw. Ausstieg, denn es gibt keine weiteren Eingnge. Die Hhle ffnet sich mit einem etwa 180 m tiefen Doppelschacht. 180 m das ist fast genau die Hhe des Restaurants im Mnchener Olympiaturm.



Der westliche Schacht ffnet sich als riesiger Trichter und ist nur mit vielen Umsteigstellen zu bezwingen (siehe "13 Stunden Angst"). Das ist die bliche Route, die von den meisten Expeditionen gegangen wird.
Der stliche Schacht ist schmaler und fhrt direkt senkrecht nach unten.

Vom Aufwand her erschien uns der Direktschacht "einfacher". Aber warum gehen alle ber den westlichen Schacht? Diese und andere Fragen harrten auf Antwort. Zustzlich musste die Technik fr einen so langen Ab- und Aufstieg eingestellt und erprobt werden.
Bei unserer Vorbereitungsmission dann, hing ich wie ein Schluck Wasser mit weichen Knien in der Sicherung am Schachtrand und schaute wie das Kaninchen auf die Schlange in den Abgrund.                                 
Wir entschieden uns letztlich nebeneiander an zwei Seilen direkt ab und aufzusteigen, nach dem Abstieg unten zu biwakieren, einen Tag Hhle machen, wieder biwakieren und am letzten Tag "nur" den Aufstieg zu machen - eine guter Plan.

Himmelfahrt war nicht als Titel fr unsere Mission gedacht aber es war der erste machbare Termin.
Frh in Mnchen gab's noch eine Verzgerung mit dem Wagen. Der BMW-Notdienst kam sofort und dann ging's los.

Ein mentaler Test fr mich war der Einbau der Verlngerung einer Sicherung auf der Steinbrcke zwischen den Abgrnden. Und es ging was - alles wird gut.
Der Einbau des Materials lief dann wie am "Schnrchen" auch durch Peters Rollentechnik fr die Seile.
Und endlich kam der Abstieg. Wie geplant zu zweit und nebeneinander.
Unwirklich schwebten wir ber diesem unvorstellbaren Abgrund. Nochmal und nochmal das Seil bers Rack werfen und Fotos machen.



Neben uns ffnete sich der riesige Durchbruch zum Nachbarschacht. Der Blick geht zurck zu den Tagffnungen wie ein Abschied.
 


Die Fahrt geht tiefer und tiefer der Schacht bleibt bodenlos. Das Rack wird warm. Zur Khlung ab und zu mit dem Handschuh etwas Feuchtigkeit vom Fels bers Rack streichen. Die Spots der Lampen enden im nichts. Langsam umfngt uns die Dunkelheit der Tiefe. Unten Finsternis.
Fast am Ende vielleicht auf den letzten 50 Metern tauchen, wie durch einen Nebel, die Strahlen der Lampen auf den Boden.
Durch das Sitzen im Gurt sind meine Beine eingeschlafen. Ich lande im Schuttkegel auf den Knien. Die Uhr zeigt Minus 178.

Irgendwann hatten wir dann unser Biwak eingerichtet. Peters alter Gaskocher versagte und lief unter zischendem Gerusch aus. Also wurde die Linsensuppe ber Teelichtern warm gemacht. Unten hat es knapp 6 C und vielleicht 100% Luftfeuchtigkeit. Die Suppe tat gut. Und dann war noch Zeit fr ein bischen Rotkppchenwerbung:



Im Schlafsack war es khl aber nicht so kalt, um wesentlich Energie zu verlieren.
Am morgen gab es dann Nesskaffee und Marmorkuchen.

Dann wurden nochmal die Plne angeschaut /2/. Ich hatte schon vorher versucht Peters Ehrgeiz etwas zu bremsen. Und jetzt mit dem Aufstieg im Hinterkopf war es nicht anders. Als Tagesziel wurde der kocjanski Kanal ausgegeben. Das ist ein langer Wasserlauf auf dem man sogar Schlauchboot fahren kann.
Nach dem Aufbruch wandelten wir durch die beeindruckenden riesigen Gnge und Rume im oberen Teil der Kačna jama. In diese Sle passt bequem macher Huserblock. Teilweise ffnen sich die Decken noch weiter zu gewaltigen Schloten. Neben uns beeindruckende Tropfsteinmonumente oder mrchenhafte Tropfsteine mit Kristallen.



Der Weg wurde schwerer. Es kamen bald glitschige Abhnge und Traversen, die zum Glck von vorhergehenden Expeditionen ausgebaut waren, aber trotzdem die ganze Konzentration forderten. Zuletzt haben wir uns noch durch einen zauberhaft mit Tropfsteinen dekorierten Schacht knapp 30 Meter abgeseilt.



Aber dann war die Zeit fr den Rckweg gekommen etwa 200 Meter vom Tagesziel entfernt. Zeit zum Abschied nehmen.



In der folgenden Nacht hab ich mir noch die Rettungsdecke auf den Schlafsack gelegt um Energie zu sparen.
Beim Kaffee am morgen konnte ich einfach nichts essen. Zuviel Anspannung? Egal ich zwang mir eine halbe Semmel rein. Kurz vor dem eigentlichen Aufstieg nochmal eine halbe Semmel. Die Spannung stieg.

Die Uhr genullt und los ging's. Langsam den Rhythmus finden. Die Uhr zeigt nur 7 Meter - weitermachen. Drei Zge kurze Pause - weitermachen. Die Pausen wurden mechanisch krzer - weitermachen. "Peter ich bin jetzt fast bei einem Drittel." Der war sauer, dachte er wr schon viel hher. Dann wieder Pause. Die Gedanken fliegen davon - weit weit weg - weitermachen. Halben Schokoriegel reingestopft - weitermachen. Doch es geht voran. Vorbei am riesigen Durchbruch zum Nachbarschacht. Nach knapp drei Stunden klickt der Karabiner in die Sicherung - geschafft - besser als gedacht.
Letztlich saen wir dann erst recht spt in Triest in der Abendsonne in unserer geliebten Bar Espresso.
Peter sagte irgendwann: "Die Kačna jama ist eine Hhle, die man einmal macht." Ja, vielleicht - schaun mer mal.

Ciao Jens
 

links:

/1/
http://www.caveseekers.com/caves/Kacna_Jama/3/mission.html

/2/
http://www.divaska-jama.info/old/Kacna/nacrt_kacna.htm


weitere Bilder:
http://www.dpreview.com/galleries/0516819303/albums/ka-na-jama
« Letzte nderung: 17. Mai 2016, 10:41:02 by Nessie »

Offline Doc

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Re: Minus 178 Meter
« Antwort #1 am: 17. Mai 2016, 22:36:29 »
Bereitest dich auf's Sistema Huautla vor  8)

Offline Nessie

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Re: Minus 178 Meter
« Antwort #2 am: 18. Mai 2016, 10:00:23 »
Hi Doc,

nach dieser Aktion kann schon der Eindruck entstehen, dass wir uns jetzt zu Extremisten entwickeln.
Sowas wie die Huautla knnte man sicher nicht mehr in unserem Stil machen. Wir wollen aber autark bleiben.
Es gibt noch einige tolle Sachen zu sehen, die sind gar nicht so weit weg und fr uns Neuland.
Also warum in die Ferne schweifen ...
Aber, vielleicht ist auch mal wieder ein tieferer Schacht dabei.
   
Ciao Jens 

Offline Melli

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Re: Minus 178 Meter
« Antwort #3 am: 19. Mai 2016, 07:11:26 »
Hey Jens,

wow, klasse - vielen Dank fr den tollen Bericht!
Da bekommt man ja schon vom Lesen Gnsehaut!

Wart ihr dann insgesamt 3 Tage "unten" oder?

...werd mich jetzt mal ber die weiteren Bilder hermachen :)
><(((> ><(((> <)))>< <)))><

Liebe Gre!
Melli

**Ich bin nicht klein - ich bin ein Konzentrat!! :P**



><(((> ><(((> <)))>< <)))><

Offline Nessie

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Re: Minus 178 Meter
« Antwort #4 am: 19. Mai 2016, 09:41:55 »
Wart ihr dann insgesamt 3 Tage "unten" oder?

Hi Melli,

wir hatten nur zwei bernachtungen in Slowenien.
Jeweils unter Tage  ;)

Ciao Jens

Offline Doc

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Re: Minus 178 Meter
« Antwort #5 am: 19. Mai 2016, 12:24:47 »
Hi Doc,

nach dieser Aktion kann schon der Eindruck entstehen, dass wir uns jetzt zu Extremisten entwickeln.
Sowas wie die Huautla knnte man sicher nicht mehr in unserem Stil machen. Wir wollen aber autark bleiben.
Es gibt noch einige tolle Sachen zu sehen, die sind gar nicht so weit weg und fr uns Neuland.
Also warum in die Ferne schweifen ...
Aber, vielleicht ist auch mal wieder ein tieferer Schacht dabei.
   
Ciao Jens

Da kann man dann aber unten auch Tauchen :)

Offline Nessie

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Re: Minus 178 Meter
« Antwort #6 am: 19. Mai 2016, 13:20:54 »
Da kann man dann aber unten auch Tauchen :)

Naja, das geht auch schon in der Rastgrabenhhle.
http://www.catfish-divers.eu/index.php/topic,3374.msg37522.html#msg37522
Wre nicht ganz so weit weg.  ;)
Und natrlich brauchte ich auch dafr ein paar "leidensfhige Volontre", die mir die Ausrstung bis zum Schlamm schleppen.  :-\

Ciao Jens

 

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